Besuch der Kultusministerin bei den Behindertensportverbänden
Frauke Heiligenstadt: „Ich stehe für Inklusion”
Behinderten-Sportverband Niedersachsen und „Forum Artikel 30” im Konsens mit der Kultusministerin
Text und Fotos: Behindertensportverband Niedersachsen e.V. (BSN)
Im Rahmen einer erweiterten Sitzung hatte das Präsidium des Behinderten-Sportverbandes Niedersachsen (BSN) die niedersächsische Kultusministerin Frauke Heiligenstadt zu Gast, die von Thomas Castens (Referat für Schulsport) begleitet wurde. An der Sitzung nahmen auch Ludmila Schmidt und Timo Kruckemeyer vom Gehörlosen Sportverband Niedersachsen teil.
BSN-Präsident Karl Finke hatte die Basis für den Gedankenaustausch erweitert, indem er auch Vertreter des „Forum Artikel 30* UN-Behindertenrechtskonvention/Inklusion in Kultur, Freizeit und Sport“ und des LandesSportBundes (LSB) eingeladen hatte.
Finke hob bei der Begrüßung der Ministerin hervor, dass sich der BSN auf vielen Ebenen im Land für die Ausweitung inklusiver Sportangebote in Zusammenarbeit mit Fachverbänden, Vereinen, Kreis- und Stadtsportbünden engagiert.
Die Ministerin betonte, dass die Gesellschaft der Zukunft eine inklusive Gesellschaft sein muss. Aus ihrer Sicht wird die Inklusion aktuell teils rückwärtsgewandt diskutiert. Sie warnte davor, auf den Stand von 2006 – das Jahr der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention – zurückzufallen. Und sie machte deutlich, dass sie weiterhin mit voller Überzeugung für die Umsetzung des Artikels 24 der UN-Behindertenrechtskonvention eintritt, der die Bildung zum Inhalt hat: „Ich stehe für Inklusion!” Darin war sie sich mit allen Anwesenden einig, was der stellvertretende LSB-Vorstandsvorsitzende Norbert Engelhardt so auf den Punkt brachte: „Es darf keine Pause bei der Inklusion geben!“
F. Heiligenstadt verlieh ihrer Freude Ausdruck über den engen Kontakt zwischen den relevanten BSN-Akteuren und Thomas Castens. Insbesondere lobte sie die gute Kooperation bei den SPORTIVATIONSTAGEN und bei „Jugend trainiert für Paralympics“, wo die Teilnehmerzahlen von 210 (2011) auf 524 (2016) gestiegen sind. Positiv gestaltet sich nach ihren Worten auch die Kooperation mit dem LSB. Zum Thema Leistungssport steht eine gemeinsame Vereinbarung an, die u. a. vorsieht, dass Talentscouts künftig auch Zugang zu den Schulen erhalten.
Im Zusammenhang mit dem notwendigen großen Umstellungsprozess verwies Karl Finke auf die hervorragende Zusammenarbeit von BSN, Kultusministerium, Landesschulbehörde, Niedersächsischem Institut für Qualitätsentwicklung und LSB. „Die vielfältigen Angebote für Fachberater sollen fortgesetzt und ausgeweitet, Lehrkräfte und Übungsleiter in die Fortbildung einbezogen werden.”
In der Diskussion zeigte die Kultusministerin auf, welche Rahmenbedingungen für das Gelingen der Inklusion bereits entwickelt worden sind – unter anderem die beachtliche Ausweitung um 18 sonderpädagogische Lehrstühle, 460 Bachelor- und 400 Masterstudienplätze sowie die Qualifizierungen für Kollegien und Schulleiter.
Im weiteren Verlauf der Sitzung thematisierten die Vertreter der Verbände spezifische Fragestellungen zur Inklusionsentwicklung im Land. So äußerte Hans-Werner Lange (Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen) die Befürchtung, dass die sich dynamisch entwickelnde Inklusionsquote in den Schulen von aktuell 57 Prozent „totdiskutiert“ wird. Und er fragte, wie das Lehrerdefizit ausgeglichen werden soll, das nach der jüngsten Prognose der Bertelsmann-Stiftung durch stark steigende Schülerzahlen droht.
Die Ministerin verwies hierzu darauf, dass sich die Schülerzahlen allein durch den unerwarteten Flüchtlingszustrom zwischen März 2015 und August 2016 um 36.000 erhöht haben. „Dies bedeutet nicht nur numerisch einen erheblich größeren Bedarf, sondern auch von der Betreuungsintensität her. – Eine große Herausforderung für das System.”
Vera Neugebauer (Special Olympics Niedersachsen) führte aus, dass sich Special Olympics als Lobby für Menschen mit kognitiven Störungen sieht, deren Behinderungsart betreuerisch eine zusätzliche Herausforderung darstellt, wenn es um Inklusion geht.
Ludmilla Schmidt und Timo Kruckemeyer (Gehörlosen-Sportverband Niedersachsen) wiesen darauf hin, dass Gehörlosen die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen ohne kommunikative Hilfen wie Gebärdendolmetscher unmöglich ist.
„Kultusministerium, Landesschulbehörde und Schulen können sicher sein, dass sie im BSN mit seinen Qualifizierungsangeboten einen kompetenten und verlässlichen Partner haben” stellte Karl Finke abschließend fest. „Und natürlich werden auch unsere Partnerorganisationen aus dem Forum Artikel 30 in ihrem jeweiligen Wirkungskreis wertvolle, engagierte Beiträge auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft in Kultur, Freizeit und Sport, aber natürlich auch Bildung leisten.”
* Mitglieder des Forums Artikel 30:
Behinderten-Sportverband Niedersachsen, Special Olympics Niedersachsen, Gehörlosen-Sportverband Niedersachsen, Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen, Sozialverband Deutschland, Landesverband Niedersachsen, Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter, Landesvertretung Niedersachsen, Volkshochschule Hannover
Bild zur Meldung: Die Zeichen stehen auf Konsens: Kultusministerin Frauke Heiligenstadt und BSN-Präsident Karl Finke